Samstag, 14. April 2012

3. Safaritag: Gorongosa Nationalpark

Dem Elefantenbullen zum Greifen nah

Die Frühaufsteher unter den Camp Challengern hatten für 6:30 Uhr eine Jeepsafari gebucht und so waren wir mit unserem Fahrer Simba auf Fährtensuche im Gorongosa Nationalpark. Der junge Mann hatte sich vorgestellt als:
„Simba, like the lion king". Das nahmen wir als gutes Omen.

Die Kolonialmacht Portugal hatte diesen Nationalpark bereits 1960 eingerichtet. Er galt damals als artenreichster Park im südlichen Afrika. Nach 13 Jahren Unabhängigkeitskampf und anschließendem Bürgerkrieg war der Park 1992 praktisch zerstört. Die Bürgerkriegsparteien hatten sich mit Elfenbeinhandel Geld für neue Waffen besorgt und durch Wilderei 95% des Großwildbestandes vernichtet. Es dauerte bis 1998, den Nationalpark zu entminen. Nach und nach wurden verloren gegangene Tierarten angesiedelt, doch erst Ende 2008 konnte Gorongosa wieder für den Tourismus geöffnet werden.

Da wir kurz nach der Regenzeit angereist waren, lagen Teile des Parks noch im Überschwemmungsgebiet. Wie gut, daß der Jeep geländegängig war, denn mit unseren Fahrzeugen hätten wir diese Wege ganz sicher nicht geschafft.

Der Park bot uns eine abwechslungsreiche Landschaft mit Marula-Bäumen und weiten Savannenflächen.

Wir hielten natürlich wieder besonders Ausschau nach Löwen.

Als wir aber die vielen Impalas, Antilopen und Wasserböcke sahen, die friedlich und unbeschwert grasten, schlossen wir daraus, daß der nächste Löwe weit weg sein müßte.

Wir wollten uns schon mit der Sichtung eines Fischadlers und eines kleinen Schwarms Bee-Eaters (ob die Vögel auf Deutsch übersetzt tatsächlich Bienen-Esser genannt werden, wissen wir nicht!) zufrieden geben.

Doch plötzlich entdeckte Hans-Hermann hinter einem Busch die rostrote Löwenmähne. Wir waren wie elektrisiert. Ein Löwenpaar genoß im hohen Gras die Morgensonne.

Allerdings stand der Wind ungünstig, so daß die Raubkatzen uns witterten und keinerlei Anstalten machten, näher zu kommen. So mußten wir uns verrenken, um das Paar aufs Foto zu bannen. Hans-Hermann versuchte es mit einem Außeneinsatz, Mannes und Dieter fuhren ihre Teleobjektive aus und Rainer brachte das Kunststück fertig, mit seiner kleinen Kamera durchs Fernglas zu fotografieren. Auch eine Idee!

Dann aber hatten wir eine Tierbegegnung, die keine Vergrößerung brauchte. Neben dem Weg stand plötzlich ein Elefantenbulle, der uns klar zu verstehen gab, daß wir ihn störten. Wir waren gewarnt worden, daß Elefanten, die eine „temporale Sekretion" - also dunkle Flüßigkeitslinien zwischen Ohr und Auge - zeigen, besonders aggressiv sind. Und was wie ein Grinsen im Gesicht aussah, war tatsächlich so eine Sekretion.

Die Elefantendame in seiner Begleitung entfernte sich unauffällig, doch der Bulle schüttelte seinen Kopf, stellte die Ohren auf und trompetete furchterregend. Simba legte den Rückwärtsgang ein und vergrößerte dezent den Abstand. Der Elefant schien sich zu beruhigen und verschwand einigermaßen entspannt über den Weg ins Unterholz.

Mann oh Mann, das war knapp! Wir stellten uns gerade vor, wie wenige von seinen Riesenschritten der Bulle bloß hätte nehmen müssen, um unseren Jeep zu erreichen und ihn niederzutrampeln. Langsam machte sich Erleichterung breit und Simba fuhr wieder an. Doch da fuhr uns der Schreck erneut in die Glieder.

Alfred Hitchcock hätte es nicht spannender inszenieren können! Der mächtige Bulle brach nun nämlich von der anderen Seite des Weges aus dem Gestrüpp und nahm eine mehr als bedrohliche Körperhaltung an. Wieder ertönte sein gewaltiges Trompeten. Waltraud rief in höchster Not: „Wir wollen doch gar kein Elfenbein!" Simba legte ganz langsam den ersten Gang ein und fuhr vorsichtig weiter, bis wir aus der Gefahrenzone heraus waren.

Auf der Rückfahrt ins Camp schlug Rainer vor, daß wir uns alle auf eine einheitliche Entfernungsangabe einigen sollten, wie weit der Bulle vom Jeep weg war. Wir legten uns auf 15 Meter fest auch wenn Conny meinte, sie hätte ihn fast streicheln können....

Am Nachmittag fuhren die „Spätaufsteher" zur Safari aus. Wenn sie nicht mit noch weitaus spektakuläreren Geschichten zurückkommen, beenden wir hiermit unseren Tagesbericht.

Für morgen hat Reiseleiter Franz die vorgesehene Etappe eingekürzt, da der geplante Besuch eines Nationalparks in Malawi wegen Überschwemmung ausfallen muß. Somit gewinnen wir zwei Tage und außerdem müssen wir morgen früh zunächst einmal die 70-Kilometer-Mörderstrecke bis Inchope zurückfahren, bevor es zum Einkaufen nach Chimoio geht.


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